Fritz Martinz (1924–2002)

Vier der zwölf in den Eingangshallen des Wohnparks Alt-Erlaa vertretenen Malerinnen und Maler weilen nicht mehr unter den Lebenden. Fritz Martinz, seine monumentalen Pferdebilder sind in der Eingangshalle zu den Stiegen 5 und 6 des Blocks A ausgestellt, ist am 15. November 2002 völlig überraschend in seiner Atelierwohnung in Wien verstorben. Er zählte zu den „realistischen“ Malern der Nachkriegszeit.

Fritz Martinz ist einer der weitgehend unbekannten großen Maler, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestimmende Akzente gesetzt haben. 1960 ist er gemeinsam mit seinen berühmten Kollegen Alfred Hrdlička, im Wohnpark mit zwei Fresken (A/1 und A/2) präsent, dem ebenfalls bereits verstorbenen Georg Eisler (siehe WAZ 8/9/2004) und anderen erstmalig mit einer Ausstellung neuer realistischer Malerei in der 1965 abgerissenen Zedlitzhalle im 1. Bezirk aufgetreten. „Es war ein Hieb von links (auch politische) auf die Abstraktion in der Galerie nächst St. Stephan, aber auch eine radikale Absage an Gegenstandslosigkeit“ erinnerte sich Dr. Brigitte Borchardt-Birbaumer in der Wiener Zeitung anlässlich einer Ausstellung zum 75. Geburtstag von Fritz Martinz im November 1999.

Doch trotz etlicher Texte von Werner Hofmann, Dieter Schrage und Klaus Albrecht Schröder ist der Realismus und besonders Martinz noch zu wenig bearbeitet und bekannt. Wer heute im Internet Informationen über den Maler sucht, wird nicht sehr viel finden, sieht man von einigen wenigen Nachrufen ab. Die Bedeutung von Fritz Martinz kann man aber ermessen, wenn man die große Zahl von Internetauftritten seiner vielen Schülerinnen und Schüler aus der „Wiener Kunstschule“ betrachtet.

Die Pferdebilder im Wohnpark

1976 schuf Fritz Martinz mit zwei monumentalen Pferdegemälden eine Paraphrase auf Leonardo da Vincis bereits im 16. Jahrhundert verloren gegangene und nur mehr in Skizzen erhaltene „Anghiarischlacht“. Eine Gemeinsamkeit gab es bei den Auftraggebern. Die 1494 nach der Vertreibung der Medicis aus Florenz an die Macht gekommenen republikanischen Eliten bestellte bei Leonardo ein monumentales Schlachtbild und die AEAG als Tochter der GESIBA und Auftraggeberin für Fritz Martinz kann sicher auch dem Kreis republikanischer Kunstmäzene zugerechnet werden.

Die beiden Bildtafeln wurden auf Leinwand mit Ölfarbe gemalt. Sie sind in der Eingangshalle zu den Stiegen 5 und 6 des A-Blocks in die Wände eingefügt und damit zu einem Bestandteil des Baus geworden. Auf Grund einiger Vandalenakte an anderen Wohnpark-Bildern sind heute auch die Martinz’schen Bilder durch spiegelglatte Plastikscheiben gegen Beschädigungen geschützt.

Zu Thema und Komposition der Bilder gibt es von Fritz Martinz einige erklärende Worte. Auszugsweise heißt es darin: „Das Pferdethema zu den Bildern wurde mir vom Auftraggeber gestellt. Meine Absicht war, über dieses Thema hinaus zu einer autonomen, realitätsbezogenen Bildaussage zu kommen. Ich musste mir ebenso über die kompositionellen Gegensätzlichkeiten der einzelnen Bildtafeln Klarheit schaffen. Ich habe mich für eine dramatisch-dynamische und eine lyrisch-statische Komposition entschieden. Beiden Bildern musste ich nun die ihnen zukommenden bildgesetzlichen Rhythmen beigeben.“

Nach einer Beschreibung der einzelnen Motive und ihrer unterschiedlichen Anordnung auf den beiden Bildern, das dynamische mit einem klaren Bildzentrum, das lyrisch-statische eigentlich mit keinem, erklärt Martinz abschließend seine Intention: „Das wesentliche an diesen beiden Bildtafeln ist, dass der Versuch unternommen wurde, in unserer Zeit ein so heikles Bildthema realistisch – stilbedingt – zu malen und dem gegenwärtigen Publikum zur Diskussion zu stellen.“

Dies scheint Fritz Martinz bis zum heutigen Tag gelungen. Bei den fotografischen Aufnahmen für diesen Beitrag, welche angesichts der vielen Reflexionen der schützenden Plastikscheiben zeitaufwendig und nicht gerade einfach waren, konnte ich den verschiedenen Kommentaren von BewohnerInnen entnehmen, dass der Meinungsbildungsprozess und damit letztlich auch die Diskussion bald dreißig Jahre nach der Fertigstellung der Bilder noch nicht beendet ist.

Biografisches

Fritz Martinz wurde 1924 in Bruck an der Mur geboren. Der Schüler von Albert Paris Gütersloh an der Akademie der bildenden Künste Wien am Schillerplatz, hatte zuvor an der Grazer Kunstschule bei Szyskowitz mit Unterbrechung durch den Kriegsdienst studiert.

Er lebte in Wien, seiner Überzeugung nach meist einsam und, wie seine Freunde berichten, ohne Telefon. Beständig arbeitete er an Zyklen, die griechische Mythologie ebenso wie die Nibelungen und Alltagsthemen behandeln.

Sein erster großer öffentlicher Auftritt im Jahr 1960 war in der damals von Abstrakten und Phantasten bestimmten Szene ein Skandal. Angesprochene Tabus, sein Kampf gegen die Konsumgesellschaft und die aus der Kunstgeschichte adaptierten Themen kollidierten mit dem Zeitgeschmack.

1965 stellte Martinz in der Galerie Werner in Berlin aus und konnte so seinen Einfluss auf die „Neuen Wilden“ zuerst in Deutschland und später auch in Österreich geltend machen. 1973 hatte er eine Personale in der Sezession und in den letzten Jahren stellte er in der Galerie Peithner-Lichtenfels aus. Als Lehrender an der „Wiener Kunstschule“ hat Martinz eine große Anzahl von Schülerinnen und Schülern ausgebildet. In der Öffentlichkeit und der Presse wurde er eher stiefmütterlich behandelt. Das lag vielleicht auch an seinen bereits beschriebenen Charaktereigenschaften und der ihm eigenen Seriosität.