Franz Zadrazil (1942-2005)

Die Bilder „Athen“ und „Rom“ schmücken die Eingangshalle zu den Stiegen 7 und 8 im C-Block des Wohnparks Alt-Erlaa. Sie wurden von Franz Zadrazil in seinem Atelier in der Anzengrubergasse in Margarethen erstellt. Seit der Übersiedlung in den Wohnpark im Jahr 1988 sind sie leider wie fast alle Bilder in den Eingangshallen verglast.

Angefangen hat Franz Zadrazil 1961 als Postbeamter. Sehr bald allerdings war klar, dass dies nicht Alles sein konnte. Er startete 26-jährig im Jahr 1968 in der Meisterklasse Prof. Rudolf Hausner seine akademische Ausbildung an der Akademie der bildenden Künste. Bis 1979 blieb er hauptberuflich bei der Post, nahm während seiner Zeit dort aber sechs Jahre unbezahlten Urlaub.

Bald wurde „Zadrazil“ als Synonym für photorealistische Vorstadtbilder mit abbröckelnden Hausfassaden, alten Geschäftsportalen und vielen älteren und neueren Reklameschriften verstanden. Franz Zadrazil ist mit einer Zuordnung zu dem „Photografischen Realismus“ nicht einverstanden. Er baut in seinen Bildern die Realität um, manchmal mehr, manchmal nur durch den Austausch eines Schildinhaltes. Eine Ausschnittsdarstellung der Fassade des Rüdigerhofes in Margarethen mit seinem charakteristischen Wellenornament im Verputz, wirkt auf den ersten Blick wie eine Photographie. Auf einer Tafel neben dem Haustor steht „Gemalt von Franz Zadrazil MCMLXXVII“. Auf der wirklichen Tafel scheint Zadrazil natürlich nicht auf. In Wirklichkeit hat in diesem Haus einmal Ernst Arnold, ein bekannter Wiener Liedersänger gewohnt und auf dem Schild wird daran erinnert.

Als malender Chronist eignet sich also nicht. Zadrazil sucht in den Städten, wie man an den Wohnparkbildern erkennen kann, nicht nur in Wien, immer nach dem Alten. Der Zierrat von Gründerzeithäusern, die Ornamentik von Jugendstilbauten wie dem Rüdigerhof, die Skurrilität auf Reklameschildern beschäftigen seine Phantasie. Alte Häuser, deren Verputz und Mauerwerk abzubröckeln beginnt, das Schäbige, mit einem Wort wo sich „etwas abspielt“, regen ihn an. Neubauten, frisch Renoviertes kommen auf seinen Bildern nicht vor, ebenso wenig wie Monumentalbauten. Gaudenzdorf und die Stadtbahnbögen sind seine Lieblingsmotive. Renovierte Stadtbahnkioske wie am Karlsplatz, die heute zweckentfremdet in der Gegend herumstehen, lassen ihn dagegen kalt.

Franz Zadrazil hat als erster Student von Rudolf Hausner mit einem Diaprojektor gearbeitet. Er hat damit eine Technik aufgenommen, die auf Canaletto mit der Camera obscura zurückgeht. Die Ergebnisse sind allerdings grundverschieden. Der venezianische Vedutenmaler strebte eine dokumentarische Genauigkeit an, wobei der Wert seiner Werke natürlich nicht nur davon bestimmt wird. Franz Zadrazil projiziert zwar auch die Schwarzweißaufnahmen seiner Sujets auf grundierte Novopanplatten, die Farben kommen dann allerdings schon aus der Erinnerung dazu. Im Allgemeinen stimmen die Hauptfarben mit der Realität überein, der Rest ist freie Gestaltung. Im Werdegang eines Bildes kommt es dabei sehr oft zu Änderungen und Korrekturen. Terpentin, der Radiergummi des Malers, gehört ebenso zu seinen Utensilien wie Öl- oder auch modernere Farben.

Franz Zadrazil, im Vergleich zu seinen Malerkollegen eher ein „Spätberufener“, schätz seine eigene Kunst sehr nüchtern ein. Als ehemaliger Postbeamter nach der Matura, hat er das Leben auch von einer anderen Seite kennen gelernt, als etliche seiner Malerkollegen. Überschätzung seiner Möglichkeiten liegt ihm ebenso fern wie Messianismus. Die Vorstellung, mit Bildern eine Botschaft verbreiten zu können, ist ihm fremd.

Franz Zadrazil malt Bilder, die „ankommen“, die also bestimmte Bedürfnisse seiner Zeitgenossen befriedigen. Der Maler verhält sich ja nicht grundlegend anders als seine Zeitgenossen, seine Mitmenschen. Wenn Zadrazil die Fassaden, die Häusergruppen und Geschäftsportale verwandelt, so steckt der Aneignungstrieb dahinter, von dem jeder Mensch in der einen oder anderen Form besessen ist. Mit jeder Aufnahme nimmt ja auch jeder Photograph etwas für sich in Besitz.