Schritte zum Abgrund?

Die täglichen Nachrichten lassen jeden denkenden Menschen aufs Neue erschaudern. Ich denke dabei nicht an jene, die immer schon gewusst haben, dass alles nur schlechter werden kann. Diese Einstellung, oft besonders ausgeprägt bei Menschen nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben, lässt viele auf vermeintlich einfache, rückwärts gewandte Lösungen setzen. Anbieter dafür gibt es ja genügend, in den Medien ebenso wie in der Politik.

Mit den offensichtlich anstehenden Problemen sollte man sich aber ernsthafter auseinander setzen. Deren Komplexität erfordert dies. "Es ist alles sehr kompliziert" stellte Fred Sinowatz, einer der intelligentesten und meist unterschätzten Politiker der Nachkriegszeit schon in den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts fest. Mäßig intelligente Journalisten und Politiker machten sich damals darüber lustig. Jeder reagiert halt entsprechend seines Intelligenzquotienten.

Probleme und Ängste

Umweltprobleme, Verkehrsprobleme, ungelöste Energiefragen, Integrationsproblematik, angedrohte Finanzierungsprobleme in den Sozialsystemen aller Bereiche, hohe Staatsverschuldungen, drohende Beschäftigungsprobleme, veraltetes und seit langem wenig taugliches Bildungssystem, noch immer ungelöste Verteilungsfragen, um nur einige zu nennen, lassen viele Menschen besorgt in die Zukunft blicken. Gerne werden daher Fachleute heran gezogen, um Lösungen zu präsentieren.

Haben nur Spezialisten die Lösung?

Die Auswahl dieser Spezialisten erfolgt aber sehr oft nach äußerst fragwürdigen Kriterien. „Eigenwillige“ Lösungsvorschläge sind dabei wenig gefragt. Wer eine eigene Meinung hat, ist „eigenwillig“. Das geziemt sich weder für einen Fachmann noch eine Fachfrau. Da werden sie schnell zu Außenseitern. Politik machen die Innenseiter. Innenseiter sind Fachleute, die dieselbe Meinung haben. Fachleute sind jene, die etwas so lange in hergebrachter Weise erledigen, bis es ihnen in Fleisch und Blut übergegangen ist. Sie empfehlen dann, was verändert werden soll! So charakterisierte Professor Adolf Kozlik 1965 die Vorgangsweise bei der schon damals überfälligen Bildungsreform. Wie recht er leider damit hatte zeigen die Ergebnisse, heute mehr als ein halbes Jahrhundert danach! Dabei ist diese Vorgangsweise nicht auf das Bildungsressort beschränkt. In den anderen Ministerien geht man sehr oft sehr ähnlich vor.

Dass es auch anders geht, bewiesen PolitikerInnen wie Bruno Kreisky, Johanna Dohnal, Christian Broda oder Franz Fischler auf EU-Ebene auf eindruckvolle Weise. Nur gab und gibt es leider zu wenige von diesem Kaliber. Fachliche gepaart mit sozialer Kompetenz sollten die Auswahlkriterien in den politischen Organisationen sein. Sehr oft, die jüngste Regierungsumbildung bewies das wieder einmal, sind die dabei gültigen Spielregeln aber ganz andere.

Mehr Anstand ist wichtig

Wie sollen nun die oft sehr entgegen gesetzten Anforderungen bewältigt werden? Weniger Korruption – ich hätte ganz gerne gar keine! - ernsthaftere Umsetzung der Gesetze und Vorschriften, nicht nur dem Buchstaben nach sondern auch unter Einsatz von ein wenig mehr Intelligenz, Straffung einer überbordenden Bürokratie oder bessere Auswahl der handelnden Personen verbunden mit einer wohlüberlegten permanenten Weiterbildung sind notwendig und sollten außer Diskussion stehen. Dass dem nicht so ist, beweisen die haarsträubenden Zustände, die sich in etlichen Bereichen, nicht nur der Justiz in Vorarlberg, breit gemacht haben. Dass vieles in Österreich nach wie vor noch hervorragend funktioniert, sollte man nicht vergessen. Aber die Problembereiche verursachen enorme Kosten und schaden dem Ansehen der Ämter, Betriebe und Berufsgruppen insgesamt! Der entstandene Eindruck, es krache an allen Ecken und Enden, hat bereits jetzt fatale Folgen für die demokratische Entwicklung des Landes!

Umdenken und neu denken

Durch das Ausmerzen all dieser Übel, so notwendig das ist, sind wir aber nicht alle Probleme los. Hier ist ein radikales Umdenken nötig. Billiger wird es nicht gehen. In etlichen Bereichen sind wir an den Grenzen des Möglichen gelangt.

Am Beispiel AKWs

Der Einsatz von Kernkraftwerken hat sich endgültig als eine Sackgasse herausgestellt, mit katastrophalen Folgen und schon bisher kaum bewältigbaren Schäden für Mensch und Umwelt. „Augen zu und durch“, wie es immer noch von etlichen AKW-Betreibern praktiziert wird, ist nicht nur grenzenlos dumm sondern kriminell. Jeden Terroristen, jeden Bombenwerfer oder Attentäter, sperren wir ein, so wir ihn erwischen. Doch was ist die Gefahr, die von diesen Kriminellen ausgeht – ohne ihre Taten verharmlosen zu wollen – im Vergleich mit den von „anständigen und angesehenen“ Mitgliedern der Gesellschaft betriebenen Kernkraftwerken? Hier ist Umdenken angesagt, und das nicht erst nach dem nächsten GAU! Der könnte sich dann nicht im fernen Japan sondern bei unseren Nachbarn ereignen.

Die nach Fukushima plötzlich bekannt gewordenen gravierenden Mängel an vielen der so „sicheren“ deutschen AKWs sollte nun endlich Bewegung in den Abschaltprozess bringen. Das dämliche Herumwerfen mit Kraftausdrücken wie Schrottreaktoren etc. hilft nicht. Das von Werner Faymann und Sigmar Gabriel angeregte EU-weite Anti-AKW-Volksbegehren ist sicher eine vernünftige Vorgangsweise. Die von den Rechtsexperten sofort angemeldeten Bedenken und Einwände, das sei in den EU-Verträgen nicht vorgesehen, beweist nur wie auch Experten eine Entwicklung verschlafen können. Ganz abgesehen von deren skurrilem Demokratieverständnis, oder soll das Recht doch nicht vom Volke ausgehen?

Finanzierung des Umstiegs

Was der Umstieg auf eine zukunftssichere alternative Energiegewinnung und die nötigen Verteilernetze kostet, sollte uns nicht beunruhigen. Nach dem letzten Weltkrieg wurde die vollständige Elektrifizierung Österreichs innerhalb weniger Jahre durchgeführt, zu Zeiten, als es den Menschen viel schlechter ging und die Kriegsfolgen auch noch zu bewältigen waren. In vielen Familien wurden damals die staatlich garantierten Energieanleihen gezeichnet. Im Gegensatz zu den auch heute schon wieder von den Banken vertriebenen hochspekulativen Papieren, waren diese Anleihen zur Schaffung von realen Werten, die nach viele Jahrzehnte noch immer von Nutzen sind, bestimmt und damit wirklich sichere Anlageformen. Warum sollte es nicht möglich sein, eine bewährte und vernünftige Finanzierung wieder zu benützen? Nur weil die Erträge für die Banken dabei eher begrenzt sind? Das sollte wirklich unsere geringste Sorge sein.

Am Beispiel Umwelt

Die Welt erstickt im Müll. Nicht erst heute. Alt-Erlaa hatte mit Einfälle-statt-Abfälle vor Jahren ein phantastisches Müllvermeidungs- bzw. Müllverwertungs-Projekt. Das war ein wichtiger Schritt in unserer unmittelbaren Umgebung. Nötig sind weitere Schritte. Nicht nur im Wohnpark. Dazu sind neue grundlegende Überlegungen angebracht.

Permanentes Wachstum, die Produktion von immer neuen, immer kurzlebigeren Geräten und Einrichtungsgegenständen, wird heute noch als oberste Maxime erfolgreichen Wirtschaftens betrachtet. Verschwendungskapitalismus nannte das der hier schon einmal zitierte Professor Kozlik. Primäres Ziel der Werbung ist dabei nicht die Vermittlung von Informationen sondern die Schaffung von neuen Bedürfnissen. In weiten Teilen der Erde dient die Produktion von Waren noch der Befriedigung von grundlegenden Bedürfnissen, wie genügend Essen, einem Dach über dem Kopf, einer anständigen Ausbildung, angemessener medizinischer Betreuung und der Befriedigung kultureller Bedürfnisse. Das gelingt sehr oft noch nicht in dem Ausmaß, wie es notwendig wäre. In unseren Breiten stehen dagegen nicht zu wenige vor dem Problem, wohin mit den alten Sachen. Wieder mit der Einschränkung, dass es auch hierzulande gar nicht so wenige gibt, deren Konsumstil sich von dem in der 3. Welt nicht so wesentlich unterscheidet. Gemildert allerdings durch ein im Weltmaßstab noch immer hervorragendes aber leider einschränkungsgefährdetes Sozialsystem – siehe Steiermark!

Entsorgen, aus den Augen aus dem Sinn, von durchaus brauchbaren Gütern gehört sehr oft zur Tagesordnung. Hier setzt Sepp Eisenriegler, im Wohnpark noch bekannt als einer der Betreuer des Einfälle-statt-Abfälle-Projekts, inzwischen Geschäftsführer des R.U.S.Z (Reparatur- und Service-Zentrum) an.

Länger nutzen statt öfter kaufen!

Unter dem Motto „Länger nutzen statt öfter kaufen“ repariert das R.U.S.Z Unterhaltungselektronik, Haushaltsgroßgeräte und Computer. Weiters ist das R.U.S.Z Spezialist für Nostalgiegeräte und repariert alte Radios, Plattenspieler und Röhrenverstärker. Für Waschmaschinen, Fernseher und SAT-Anlagen bietet das R.U.S.Z ein Vor-Ort-Service an. Im R.U.S.Z-Shop können auch voll funktionstüchtige Second Hand Geräte mit Gewährleistung gekauft werden.

„Unsere Kundinnen und Kunden handeln nicht nur umweltfreundlich, sie unterstützen auch ein soziales Projekt. Denn über das R.U.S.Z finden Langzeitarbeitslose wieder einen festen Arbeitsplatz“, erklärt uns Sepp Eisenriegler. Das R.U.S.Z unterstützt seit 1998 arbeitslose Menschen beim Wiedereinstieg ins Arbeitsleben.

Sepp Eisenriegler wieder im Wohnpark Alt-Erlaa

Darüber, und über etliche weitere Fragen in diesem Zusammenhang sprechen wir beim nächsten WAZ-Stammtisch im Eis-Café Leonardo am 25. Mai ab 19 Uhr. Sepp Eisenriegler hat sein Erscheinen zugesagt. Er wird dabei auch über Chancen und Möglichkeiten der Sozialwirtschaft sowie über seine Tätigkeit im europäischen Rahmen in Brüssel informieren. Sepp Eisenriegler ist neben seiner Tätigkeit im R.U.S.Z auch noch Vorsitzender des nationalen Dachverbandes für Sozialwirtschaft RepaNet und Präsident des EU-Dachverbandes für Sozialwirtschaft RREUSE.

Ausreichende und gute Information war immer noch die beste Grundlage für erfolgreiches Handeln, auch im kleinen Rahmen. Und dort können und sollten wir beginnen. Sonst könnte der sarkastische Scherz wahr werden: „Heute stehen wir vor dem Abgrund. Nächstes Jahr sind wir schon einen Schritt weiter.“

Wilhelm L Anděl